Hufrehe – Bericht über einen außergewöhnlich schlimmen Fall.

Hufrehe ist immer noch eine häufige und gefürchtete Krankheit. Nicht nur das Equine Cushing Syndrom, sondern auch das vor wenigen Jahren erkannte Equine metabolische Syndrom führen immer wieder zu dieser schweren Erkrankung.

Im geschilderten Fall war die Hufrehe zunächst nicht erkannt und folglich falsch behandelt worden. Als ich den Fall übernahm, hatte das Pferd (Stute, Warmblut, 13 Jahre) auf meinen ersten Röntgenbildern schon beidseits über 20 Grad Rotation. Sie litt unter wahnsinnigen Schmerzen. Die Stute belastete die Vordergliedmaßen praktisch nicht, sondern verlagerte das ganze Gewicht auf die Hinterhand, bewegte sich nur bedingt ganz langsam und qualvoll vorwärts, Wendungen waren nicht mehr möglich, jeder Muskel war qualvoll verspannt. Die Hufe kochten.

Eigentlich hielt ich den Fall für aussichtslos und eröffnete das auch der Besitzerin

Diese aber wollte nichts unversucht lassen. Also machten wir uns an die Arbeit. Nach Sedierung und jeweils einem Schmerzblock nahmen wir die Eisen ab und machten beidseits Sackverbände. Die Stute bekam eine hoch dosierte Schmerztherapie. Die Besitzerin wurde gebeten, die Hufe mehrmals täglich mit Eiswasser zu kühlen. Natürlich wurde Boxenruhe und strenge Diät mit gewaschenem und abgewogenem Heu verordnet.

Erstes Röntgenbild zur Diagnosestellung am ersten Tag der Behandlung, noch mit Hufeisen

Überrascht und mit großer Freude stellten wir fest....

dass schon nach fünf Tagen dieser konsequenten Behandlung eine deutliche Besserung zu erkennen war. Die Verbände wurden gewechselt und gegen trockene ausgetauscht. Nach einer weiteren Woche war die Stute so stabil, dass sie die Hufe eingegipst werden konnten.

Nach zwei Wochen ohne Eisen vor dem Gipsen

Das Allgemeinbefinden und die Belastung

der Stute wurden täglich besser. Es war jetzt an der Zeit, einen erfahrenen Hufschmied für diesen schwerwiegenden Fall zu Rate zu ziehen. Wir beschlossen, die Gipsverbände noch drei Wochen beizubehalten. Dann konnte die Stute die Box erstmals verlassen. Der Hufschmied brachte einen Klebebeschlag an, dessen Abrollpunkt an die Rotation des Hufbeins angepasst war. Einige Tage danach wurde auch die Schmerztherapie fast vollständig abgesetzt. Bald ging es der Stute so gut, dass sie täglich etwas geführt werden konnte (max. 5 Minuten). Ohne die gute Zusammenarbeit mit dem sachkundigen und erfahrenen Hufschmied wäre die weitere Behandlung kein solcher Erfolg geworden. Und das alles nach fünf Wochen, obwohl ich anfangs nur noch die Möglichkeit des Einschläferns sah.

Vier Wochen später dann ein Rückschlag

Blut trat beidseits, besonders rechts zwischen Huf und Beschlag hervor, teilte mir die Besitzerin bei einem abendlichen Anruf mit. Die erste Vermutung war ein Durchbruch des Hufbeins. Allerdings war die Belastung der Stute noch relativ gut, eigentlich zu gut für einen Hufbeindurchbruch. Röntgenbilder konnten ebenfalls keinen Hufbeindurchbruch bestätigen. Ich spülte zwischen dem Beschlag mit Jodlösung und verordnete für 3 Tage entzündungshemmende Medikamente. Das führte zu einer schnellen Besserung, und wir warteten auf den Hufsc

Am Tag des Beschlags 5 Tage nach der Blutung

Als er den Klebebeschlag abnahm, kam erneut ein Moment der Ernüchterung. Ein großes, übelriechendes Loch im Bereich der Hufbeinspitze hatte sich in der Sohle vorn rechts gebildet. Erneute Röntgenbilder und Palpation mit einer Sonde zeigten: Die Hufbeinspitze lag auf ca. 0,7 mm Länge frei.

‚Loch‘ nach einer Woche schon deutlich abgetrocknet.

Angesichts dieser Wendung waren wir sehr enttäuscht, aber noch nicht bereit aufzugeben, zumal die Stute trotz allem keine wirklich schlechte Belastung zeigte. So entschieden wir uns, einen Beschlag mit einer Lederplatte aufzunageln, die im Bereich des ‚Lochs’ mit einem Fenster versehen war. Das ‚Loch’ wurde täglich mit alkoholischer Jodlösung gereinigt und zugeklebt. Die Stute bekam zur Sicherheit eine Antibiose und erneut Boxenruhe. Die nächsten sechs Wochen würden zeigen, ob eine dauerhafte Heilung eintreten würde.

Sechs Wochen später...

war der schadhafte Bereich des Hufbeins wieder mit Horn abgedeckt, die Sohlendicke wurde zunehmend besser, und es konnte ein ‚normaler’ Rehebeschlag aufgenagelt werden. Das kleine Kämpferherz hatte es geschafft!

Huf vorne links

Inzwischen sind keine Medikamente mehr nötig.

Bei ihrer täglichen Spazierrunde buckelt die Stute an der Hand – eine unglaubliche Entwicklung nach nur fünf Monaten! Möglich war all das durch das konsequente Management seitens der Besitzerin und die gute Zusammenarbeit mit dem Schmied. Das Bewegungsprogramm ist natürlich noch sehr eingeschränkt. Wir spielen mit dem Gedanken, nächstes Jahr vielleicht damit zu beginnen, im Schritt zu reiten.

Dies ist eine tolle Erfolgsgeschichte für alle Beteiligten, wir hatten viel Glück!!

Huf vorne rechts: Die Unebenheit im Horn in der Hufspitze ist der einzige Bereich, der noch von dem ‚Loch‘ sichtbar ist.